12.4.2019

Provinzkapitel der deutschen Augustiner

Alle vier Jahre feiert die deutsche Augustinerprovinz ihr Provinzkapitel, das in etwa einer ‚Generalversammlung‘ vergleichbar ist: Die Provinz- und Konventsämter werden neu vergeben, die Konvente neu besetzt, wichtige Weichenstellungen für die nächsten vier Jahre getroffen. In den Monaten von April bis Juli war es wieder soweit: In drei Sitzungsperioden wurde Kapitel gefeiert.

Plenarkapitel

Das Provinzkapitel 2019 war dabei eine Premiere. Wie vor vier Jahren beschlossen, wurde es erstmals als sogenanntes ‚Plenarkapitel‘ gefeiert:Nicht mehr nur gewählte Delegierte der Konvente nahmen an den ersten beiden Sitzungsperioden teil, sondern alle Brüder der Provinz, soweit sie nicht ausAlters- oder Krankheitsgründen um Dispens gebeten hatten. Mehr Teilhabe an denProzessen und Entscheidungen in der Provinz, so lautet das Ziel dieser Entwicklung.

Provinzialswahl

In der Osterwoche, 22.–25. April, fand in Himmelspforten bei Würzburg der erste Teil des Kapitels statt, die Wahl des Provinzials und das Arbeitstreffen. Bevor aber die Arbeit an den einzelnen Themen begann, nahmen sich die etwa 30 versammelten Kapitelsväter Zeit für die Reflexion und geistliche Vertiefung. Wunibald Müller, lange Jahre Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach, führte die Brüder ins Nachdenken und in den Austausch über die Qualität der Beziehungen, die wir in unseren Konventen leben.

Am Dienstagnachmittag erfolgte dann die Wahl des neuen Provinzials. Bereits der erste Wahlgang – die Eröffnung und Auszählung der von allen Brüdern per Brief ans Kapitel eingesandten Stimmzettel – erbrachte die notwendige Mehrheit. Zum neuen Provinzial der deutschen Provinz wurde P. Lukas Schmidkunz gewählt. Nach der Wahl versammelten sich die Brüder zum Dankgebet in der Kapelle und tauschten mit ihrem designierten Provinzial den Friedensgruß. In den folgenden Tagen wurde über die Lage und die Entwicklung der Provinz, ihrer Einrichtungen und der einzelnen Klöster ebenso beraten wie über die an das Kapitel gerichteten Anträge.

… und Amtsübergabe

In der Pfingstwoche, 10.–14. Juni, folgte der zweite Teildes Kapitels, das sogenannte Wahl- und Entscheidungskapitel I, im Caritas-Pirckheimer-Hausin Nürnberg. In einer Messfeier in der Kirche St. Klara fand nun die Übergabe des Provinzialates statt. Nach acht Jahren – der von den Konstitutionen festgesetztenHöchstdauer – gab der bisherige Provinzial P. Alfons Tony mit dem Provinzsiegel sein Amt in die Hände von P. Franz Klein, dem Präses des Kapitels, zurück. Der neugewählte Provinzial P. Lukas Schmidkunz legte daraufhin das Glaubensbekenntnis ab, wurde von P. Franz Klein in das Amt des Provinzials eingeführt und nahm als Zeichen seines Amtes das Siegel entgegen.

Provinzleitung

Anschließend erfolgte die Wahl der Provinzräte, die zusammen mit dem Provinzial für die Leitung der Provinz zuständig sind, desProvinzsekretärs und des -ökonoms (s. Graphik). Zu Definitoren – Mitgliedern desProvinzleitung – wurden der bisherige Provinzial P. Alfons Tony (Würzburg), P. Jeremias Kiesl (Erfurt), Br. Christian Rentsch (Maria Eich) und Br. Marcel Holzheimer (Würzburg)gewählt und von P. Franz in ihr Amt eingeführt. Br. Christian wird zugleich als Provinzsekretär fungieren. Br. Peter Reinl (Würzburg) wird sich auch in den kommenden vier Jahren als Provinzökonom um die materiellen Belange der Provinz kümmern. Zugleich wird er für den Kontakt mit dem Vikariat Kongo – den Augustinern in der DemokratischenRepublik Kongo – zuständig sein. Beim Generalkapitel, das im Sommer in Rom die Vertreterdes Gesamtordens zusammenführen wird, wird P. Matthias Hecht als Generaldefinitor den Provinzial begleiten.

Sexueller Missbrauch: Aufarbeitung und Prävention

In den folgenden Tagen standen die Sachentscheidungen an. Bereits beim Arbeitstreffen zu Ostern hatte der externe Missbrauchsbeauftragte der Provinz, Dipl.-Psych. Theo Kellerhaus, einen Zwischenbericht vorgelegt, der alle bekannt gewordenen Fälle sexuellen Missbrauchs seit 1945 ebenso dokumentierte wie die von der Provinz vorgenommenen Schritte der Aufarbeitung. Die Dokumentation zeigt, dass auch in unserer Provinz sexueller Missbrauch durch Mitglieder des Ordens stattgefunden hat. Die letzten bekanntgewordenen Fälle datieren dabei aus den 1980er Jahren. Das Kapitel bekräftigte nun: Als Gemeinschaft der Augustiner übernehmen wir anlässlich dieses Berichts noch einmal ausdrücklich die Verantwortung und bitten die Opfer und Geschädigten aufrichtig um Entschuldigung für erlittenes Leid. Zudem beschloss das Kapitel, die in den vergangenen Jahren in Kraft gesetzten Leitlinien, Schutz- und Präventionsvereinbarungen zusammen mit einem Vorgehensplan zu einem umfassenden Schutzkonzept auszuarbeiten. Ebenso wird es neben dem externen Missbrauchsbeauftragten auch einen internen Präventionsbeauftragten geben.

Standortentscheidungen

Seit dem Jahr 2013 lebenMitbrüder unserer Provinz in Erfurt, um dort Tätigkeitsfelder und die Möglichkeitfür eine dauerhafte Präsenz zu sondieren. In den letzten Jahren hat sich eine engeökumenische Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde der Reglerkirche herausgebildet.Das Kapitel beschloss, die Präsenz unseres Ordens in Erfurt fortzuführen, und empfahlder Provinzleitung, nun einen kanonischen Konvent, d. h. eine offizielle Niederlassung,zu errichten. Ebenso empfahl dasProvinzkapitel, auch unsere Klöster in Berlin und Fährbrück zu erhalten und dieNiederlassung in Berlin – soweit möglich – personell zu verstärken.

Neubesetzung der Konvente und Ämter

Vom 18. bis 20. Juli versammelte sich dann der Provinzrat zum dritten Teil des Kapitels, dem Wahl- und Entscheidungskapitel II. Auf dem Programm standen nun vor allem die Besetzung der Konvente und die Neuwahl der Prioren – der Hausoberen – und der Prokuratoren, der für die materiellen Belange der Konvente zuständigen Brüder. Auch die übrigen Provinzämter – die Magister von Postulat, Noviziat und Juniorat, der Provinzarchivar etc. – wurden gewählt, Kommissionen neu besetzt und eine Vielzahl sonstiger Aufgaben vergeben. Was sich in Maria Eich verändert und was bleibt, können Sie hier erfahren.

Abschied von Germershausen …

Wie bei den vorherigen Sitzungsperioden bereitsabsehbar war, ergab sich aus der Neubesetzung der Konvente auch eine schmerzliche Entscheidung: Das Kloster in Germershausen auf dem Eichsfeld wird nicht mehr besetzt, der Generalprior wird um die offizielle Aufhebung diesesKonventes gebeten. Nach 155 Jahren augustinischer Präsenz heißt es nun,Abschied von Germershausen zu nehmen.

… und Neubeginn in Erfurt

Umgekehrt wurden die notwendigen Schritte unternommen,um aus unserer provisorischen Niederlassung in Erfurt einen offiziellen Konvent zumachen: Die Zustimmung des Ortsbischofs wird erbeten und, wenn diesevorliegt, der Generalprior um die offizielle Errichtung des Konventes gebeten. Vielleicht kann dann gegen Ende des Jahres neben dem Abschied auch ein augustinischer Neubeginn gefeiert werden …

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